Veröffentlichungen5 Jahre SHG Morbus Menière in Düsseldorf Im Jahr 2013 bekam ich die Diagnose Morbus Menière. Nach einer langen Ärzte-Odyssee ohne befriedigende Informationen fand ich im Internet KIMM e. V. Dort fragte ich, ob es in Düsseldorf eine Selbsthilfegruppe für Menière-Erkrankte gäbe. Ich hatte so viele Fragen, suchte Antworten. Als ich die Antwort „Nein, leider gibt es keine Gruppe in Düsseldorf!“ hörte, sagte ich spontan: „Wenn es keine Gruppe gibt, dann gründe ich eine!“ Das hörte die damalige KIMM-Vorsitzende Anna Bott sehr gerne. Sie versprach, mir umgehend alle Informationen, die ich zur Gruppengründung und Leitung benötigte, zuzusenden. Ich könne mich auch jederzeit an sie wenden. Hilfestellung bei der Gründung der Gruppe bekam ich auch durch Margarete Bauer und das örtliche Selbsthilfebüro. Margarete Bauer schickte mir einen Plan, was bei einer Gruppengründung zu berücksichtigen ist. Ich hatte keine Ahnung, was ich dabei zu beachten hatte und wie eine Selbsthilfegruppe überhaupt funktionierte. Wie viele Teilnehmer werden wohl zu einem Treffen erscheinen? Gibt es außer mir noch andere Betroffene? Es ist doch eine Erkrankung, die nicht so häufig vorkommt. Wie kann ich diese Menschen erreichen? Was muss ich tun, um die Gruppe bekannt zu machen? Wie gestaltet man ein Treffen? Wo kann das Treffen stattfinden? Viele Fragen schwirrten mir durch den Kopf. Das Selbsthilfeservicebüro gab mir eine Liste mit Räumen, die für einen geringen Beitrag angemietet werden konnten. Eine Selbsthilfegruppe muss sich zunächst selbst finanzieren. Also suchte ich einen sehr preiswerten Gruppenraum in einem Stadtteil von Düsseldorf aus, der im Norden der Stadt lag. Wo finde ich Betroffene, fragte ich mich? Ich stellte eine Liste der niedergelassenen HNO-Ärzte zusammen. Patientendaten durften die Ärzte mir ja nicht geben. Also hoffte ich auf das Interesse und Mitwirken der Ärzte. Nur wie konnte ich die Praxen erreichen? Zunächst entwarf ich ein Miniposter, ließ Visitenkarten drucken. Mit dieser „Ausrüstung“ suchte ich insgesamt 52 HNO-Praxen in Düsseldorf auf, um auf die Gruppe aufmerksam zu machen. Leider luden mich nur drei Ärzte zu einem persönlichen Kennenlerngespräch ein. Das war zu wenig. Ein anderer Weg zur Bekanntmachung der Gruppentreffen musste her. Ich rief wieder Anna Bott an. Sie suchte für mich KIMM-Mitglieder aus Düsseldorf und Umgebung aus dem Mitgliederverzeichnis und schrieb diese an. So erfuhren die Mitglieder von der Gruppengründung. Auch bat ich die Tinitusliga, mich ebenfalls über diesen Weg zu unterstützen. Die DTL betreut ja neben den Tinnitus-Betroffenen auch Menière-Erkrankte. Dann bat ich das Selbsthilfeservicebüro, die Treffen in der SHG-Zeitung in Düsseldorf zu veröffentlichen. Auch gibt es bei uns zwei kostenlose Wochenzeitungen. Hier fragte ich, ob ich die Gruppe mit einem kurzen Artikel bekannt machen könne. Es war toll, so viel Unterstützung zu erfahren. Ein paar Tage später hielt ich die erste Zeitung mit der Bekanntgabe des ersten, von mir organisierten Treffens in den Händen. Ich war stolz und unsicher zugleich. Mit viel Lampenfieber erwartete ich das erst Treffen. Am neunten Dezember 2013 war es so weit: Der erste Gruppenabend der Selbsthilfegruppe Düsseldorf fand statt. Ich war sehr gespannt, wie viele Menschen erscheinen würden, saß mit rotem Gesicht und klopfenden Herzen im Gruppenraum. Zum ersten Abend fanden sich vier Betroffene ein. Es fand ein reger Austausch statt und die Betroffenen äußerten: Wir kommen gerne wieder! Tatsächlich kommen zwei Damen der ersten Stunden bis heute immer noch zu den Treffen. Der Standort Düsseldorf-Rath war jedoch für die Teilnehmer mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht gut zu erreichen. Das hatte ich nicht berücksichtigt. Telefonisch meldeten sich Betroffene bei mir, jedoch war ihnen der Weg nach Rath zu umständlich. Die Teilnehmer kamen sehr unregelmäßig. Ich suchte nach einem alternativen Raum, denn meinen Plan einer SHG wollte ich nicht aufgeben. Im Herzen der Stadt mit guter Verkehrsanbindung fand ich einen neuen Gruppenraum und veröffentlichte diese Information in den Wochenzeitungen. Nun blieb es nicht mehr bei vier bis sechs Teilnehmern. Bald fanden immer mehr Menschen den Weg zu uns. Einmal im Monat trifft sich die Gruppe seit vier Jahren in einem AWO-Zentrum Plus am Rande der Düsseldorf-Altstadt. Es kommen jetzt in der Regel zehn bis zwölf Personen aus Düsseldorf und Umgebung zu unseren Treffen. Nun konnte ich Fördermittel der Krankenkassen zur Finanzierung der Gruppe beantragen. Der Zusammenschluss der Krankenkassen fördert SHGs pauschal mit 500 Euro. Höhere Beträge können auf Antrag bewilligt werden. Diese Finanzierung ist abhängig von der Zahl der Teilnehmer. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich immer ein Sparschwein aufgestellt, in das jeder einen Obolus hineingeben konnte. Für die Miete des Raumes und für Mineralwasser hat das gereicht. Nun konnte ich alle Kosten für Werbematerial, Raummiete, Getränke, Telefon und Internet von dieser Unterstützung bestreiten und das Sparschwein in Rente schicken. Eine Homepage war die nächste Herausforderung für mich PC-unfähiges Wesen. Ich habe mich lange gesträubt, auch dieses Projekt in Angriff zu nehmen. Aber es sollten ja viele Menschen von unserer Gruppe erfahren. Gott sei Dank gibt es Baukastensysteme bei den Internetanbietern. Nach ein paar Tagen präsentierte ich stolz meine eigene, selbst gestaltete Homepage: meniere-dus.de Es wirkte! Ein deutlicher Anstieg der Interessenten war das Resultat der Homepage. In den letzten fünf Jahren haben insgesamt 81 Menschen die Gruppe besucht. Manch einer kam, um gezielt ein paar Fragen zu stellen, manche kamen mehrmals, einige machten eine Pause und nahmen dann wieder an den Treffen teil. Die Teilnehmer äußerten sich nach dem ersten Besuch häufig, sie fühlten sich in der Gruppe endlich verstanden. Hier könnten sie ohne Scheu und Scham all ihre Fragen stellen. Die Scheu, von Angesicht zu Angesicht über die Probleme und Peinlichkeiten der Erkrankung zu sprechen, ist bei fast allen nach wenigen Minuten verschwunden. Immer wieder wird von neuen Teilnehmern geäußert: Ich bin so froh, dass es die Gruppe gibt. Ich brauche nichts zu erklären, denn jeder weiß, wie es sich anfühlt, einen Anfall zu erleben. Das Selbstbewusstsein, das sich bei vielen durch die Gruppe entwickelt, um offen mit der Erkrankung umzugehen, ist für viele Teilnehmer wie ein neuer Start in ein verändertes Leben – ein Leben mit Morbus Menière. Bisher habe ich meinen spontanen Entschluss zur Gruppengründung nicht bereut. Ich habe anfänglich gezweifelt, ob es eine gute Idee war, so eine spontane Entscheidung ohne Vorkenntnisse umzusetzen. Fragen wie: ich habe keine Erfahrung in Moderation, wie reagiere ich, wenn jemand weint, jemand aggressiv reagiert, wenn ich mich persönlich angegriffen fühle. Die Unsicherheit der ersten Stunden ist inzwischen verflogen. Das Lampenfieber bleibt. Für Gruppenleiter gibt es zur Unterstützung Seminare von Verbänden wie dem Paritätischen oder der Stadt Düsseldorf. Die Gruppenleiter von KIMM e. V. tauschen sich auf Gruppenleitertreffen aus und halten Kontakt untereinander. Diese fünf Jahre sind eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Ich habe so viele liebe Menschen kennengelernt. Es macht einfach Spaß in dieser Gruppe; ein Ort voller Respekt, freundschaftlichem Umgang und gegenseitiger Unterstützung. Die Gruppe hat eine gute Dynamik entwickelt und so ist es auch kein Problem mehr, wenn ich einmal selbst wegen Krankheit absagen muss. Eine Teilnehmerin hat sich inzwischen als Vertretung für mich angeboten. Ein Angebot, dass ich gerne angenommen habe. Jemand hat einmal gesagt, wenn man ein Projekt startet, muss man auch die Kriterien des Scheiterns festlegen. Es gab für mich noch keinen Grund über eine Auflösung der Gruppe nachzudenken. Höhen und Tiefen gehören dazu. Manchmal wird viel Information ausgetauscht, manchmal ist man einfach froh, mit den anderen über die Banalitäten des Alltags zu sprechen. Jeder von uns ist froh über die Hilfe, die wir uns gegenseitig geben können. In dieser Hilfe liegt der Erfolg und die Stabilität der Gruppe. Es ist eine gewachsene Gruppe. Eine spontane Idee hat mein Leben bereichert. Ich freue mich auf weitere Jahre und werde zum zehnten Jubiläum wieder berichten. Eure Elke Dirks |
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